Beiträge mit Schlagwort “geKlaut

Mit Gewalt gegen Gewalt? #4

Veröffentlicht in 22. September 2014

Einwand 3: Sollen wir dem grausamen Treiben denn einfach zuschauen? Nein. Eine friedenstheologische Position ist nicht gleichbedeutend mit teilnahmsloser Passivität. Die derzeitige Situation erfordert eine Reaktion. Die Frage ist jedoch: Mit welchen Mitteln? Eine militärische Intervention scheint längst gerechtfertigt. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch: So mancher „gerechte Krieg“ wurde entgegen der ursprünglichen oder offiziellen Absicht mit zweifelhaften Motiven geführt. Welche Ziele verfolgt die »Allianz der Willigen« im Irak? Hält sie sich in ihren militärischen Aktionen ihrerseits an das Recht, das sie von ihren Feinden einfordert? Warum ertönt in so vielen anderen Fällen menschenverachtender Ungerechtigkeit kein Ruf nach Schutzverantwortung? Wir sind überzeugt: Das Böse muss konfrontiert werden. Aber militärische Gewalt erscheint uns dazu ungeeignet. In den folgenden Punkten sehen wir einige alternative Möglichkeiten:…

Mit Gewalt gegen Gewalt? #3

Veröffentlicht in 21. September 2014

Einwand 2: Die Gewalt kann nur mit Gewalt gestoppt werden. Vor elf Jahren machten sich die Amerikaner auf, den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein als Teil der »Achse des Bösen« zu stürzen. Dies gelang und wurde als schneller Erfolg der gewaltigen Militärmaschinerie gefeiert. Sehr bald wurde aber klar, wie kurzsichtig diese Strategie war. Anstelle des geplanten baldigen Rückzugs, wurden die US-Kampftruppen in einen jahrelangen Kleinkrieg verwickelt, der nicht nur viele Opfer forderte, sondern auch horrende Kosten verursachte. Als die letzten Truppen im Dezember 2011 abgezogen wurden, hinterliessen sie eine politisch instabile Region mit einem Machtvakuum, das seither immer mehr von radikalen Gruppierungen gefüllt wird. Der militärische Einsatz im Irak hat damit zwar einen Diktator beseitigt, aber auch neue Gewaltexzesse erst ermöglicht. Ein Phänomen, das…

Mit Gewalt gegen Gewalt? #2

Veröffentlicht in 20. September 2014

Einwand 1: Ist (christlicher) Pazifismus nicht weltfremd und naiv? Wenn in diesen Tagen der (christliche) Pazifismus als naiv bezeichnet wird, ist dies kein neuer, sondern ein bekannter und stets wiederkehrender Vorwurf. Quer durch die Geschichte wurden Menschen und Bewegungen, die sich der gängigen Logik von Gewalt und Gegenwalt widersetzt haben, belächelt. Die Mächtigen hielten sie jedoch oft für weit mehr als harmlose Spinner. Sie ahnten, was auf dem Spiel steht und fragten bange: »Was geschieht, wenn sie noch mehr Menschen zur Gewaltfreiheit verführen?« Die Antwort gaben sie häufig gleich selbst in Form von Verfolgung und Todesstrafe. Nicht zuletzt die Täufer können davon mehr als ein Lied singen. Die Frage »Was würde geschehen?« musste dadurch meist unbeantwortet bleiben. Schade, denn im Rückblick ist doch so manche…

Mit Gewalt gegen Gewalt? #1

Veröffentlicht in 19. September 2014

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Es herrscht Krieg. Niemals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs traf das mehr zu als heute. Sprachlosigkeit. Irgendwie Unwissen welcher Weg der Beste ist. Gibt es überhaupt einen Weg.

»Eine neue Kultur des Krieges ist auf dem Vormarsch«, schreibt der SPIEGEL. »Auch Deutschland soll die Bomben wieder lieben lernen. Politiker und Medien wollen den Deutschen ihren Pazifismus abgewöhnen.« Wer Gewaltlosigkeit predigt wie Margot Käßmann wird zur lächerlichen Figur gemacht. Wir müssen dem Einhalt gebieten. Die Zyniker, die nur noch den Krieg denken können, nicht mehr den Frieden, haben den Kampf um unsere Köpfe begonnen. In der ARD sagte Cem Özdemir, die kurdischen Peschmerga-Kämpfer hätten bereits Tausenden von Jesiden das Leben gerettet: »Das haben sie nicht mit der Yogamatte unterm Arm gemacht, sondern mit Waffen.« Über wen macht sich der Chef der Grünen da lustig? Offenbar über alle Menschen, denen beim Thema Konfliktlösung nicht zuerst der Griff zum M16 einfällt.
»Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor« heißt es an einer anderen Stelle als Alternative zum römische Altspruch »Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor«.
Mit Luftangriffen und Waffenlieferungen reagieren westliche Staaten derzeit auf den Terror der IS-Milizen im Irak und in Syrien. Eine Reaktion, die angesichts der geschilderten Gräueltaten vielerorts Zustimmung findet. Zunehmend auch in den Kirchen. Protestierten diese 2003 noch weitgehend einmütig gegen die amerikanische Invasion im Irak, mehren sich jene Stimmen, die in den militärischen Interventionen eine dem christlichen Glauben angemessene Form von Verantwortungsübernahme sehen.
Das Theologisches Seminar Bienenberg in der Schweiz steht in einer friedenskirchlichen Tradition, die ihr pazifistisches Engagement aus dem Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi ableitet. Eine Position, die aufgrund der schrecklichen und bedrohlichen Ereignisse einmal mehr grundsätzlich in Frage gestellt ist.
Hier Stellungnahme aus friedenskirchlicher Optik
»Zuallererst sind auch wir – soweit man das in der wohlbehüteten Schweiz überhaupt sein kann – tief erschüttert, wenn wir hören, wie Christen und andere Minderheiten verfolgt und hingerichtet werden. Auch wir verspüren Ohnmacht, Wut und den Wunsch, dass diesem brutalen Vorgehen schnell ein Ende bereitet wird. Trotzdem glauben wir, dass pazifistische Überzeugungen in dieser Situation nicht hinfällig geworden sind. Gerade als Christen sehen wir uns jetzt herausgefordert, vom Evangelium her einen gewaltfreien Umgang mit den Feinden zu suchen. Mit unseren Überlegungen richten wir uns daher vor allem an jene, die Jesus Christus als »Friedefürst« bekennen und ihm nachfolgen. Seine Aufforderung zur Feindesliebe, hören wir als Ruf an die Kirche, in dieser Welt das kommende Reich Gottes zu bezeugen. Mit diesen Zeilen teilen wir einige unfertige Gedanken zu Geschehnissen, die uns zuweilen die Sprache rauben. Sich dennoch zu äussern, beinhaltet daher das Risiko, plump und zynisch zu klingen. Wir sind uns denn auch sehr wohl bewusst, dass wir nicht auf alles eine befriedigende Antwort haben. Wir möchten aber unser Ringen mit drängenden Fragen teilen, die derartige Gewaltausbrüche immer wieder stellen. Dabei wissen wir, dass sich manches einfach sagen lässt, solange man sich in sicherer Distanz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen befindet. Auch sind wir Teil einer Gesellschaft, die sich im Bereich der Prävention zu lange zu passiv verhalten hat und längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Von der aufsteigenden Hilflosigkeit und Resignation wollen wir uns jedoch nicht lähmen lassen, sondern uns demütig und mit Hilfe von Gottes Geist weiterhin mit unseren Mitteln und Möglichkeiten an der »Jagd nach dem Frieden« (Die Bibel: Hebrärer 12,14) beteiligen. Dies tun wir in Verbundenheit und Solidarität mit den Opfern dieses menschenverachtenden Treibens. Gott – erbarme dich!«

Quelle: Mit Gewalt gegen Gewalt? Eine Stellungnahme aus friedenskirchlicher Optik | Kollegium des Theologisches Seminar Bienenberg

Boykott III – CONTRA

Veröffentlicht in 20. August 2014

Dieser Text stammt von Antje Vollmer. Geboren 1943, saß mit Unterbrechungen von 1983 bis 2004 im Bundestag. Die evangelische Pastorin ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und hat sich um die Ost-West-Annäherung verdient gemacht. »Nein, Schluss mit dieser Politik ohne Konzept« Ich bin gegen einen Boykott. Denn ich habe weder privat noch im Umgang mit Völkern erfahren, dass die »schwarze Pädagogik«, die Pädagogik der Demütigung, die ein Land in eine Richtung ohne Ausweg treibt, je ihr Ziel erreicht hätte. Sie erreicht eine Verhärtung. Sie erreicht die Abkehr von einer Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft des Kontinents. Sie erreicht in der Regel einen trotzigen Nationalismus. Eine Geste der nationalen Selbstbehauptung, von der das Land schwer wieder runterkommt. Ich glaube, dass wir im Moment alle Gewinne der…

Boykott II – PRO

Veröffentlicht in 18. August 2014

Dieser Text stammt von Werner Schulz. Geboren 1950, saß für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, später im EU-Parlament. Dort war der DDR-Bürgerrechtler u. a. stellvertretender Vorsitzender der Russland-Delegation. »Ja, aber bitte intelligent und wirksam« Boykott ja, aber bitte intelligent und wirksam! Putin hat mit der militärischen Einverleibung der Krim das Völkerrecht gebrochen. Es wäre zwingend, ihm vor Augen zu führen, was es bedeuten würde, wenn Staaten der EU sich ebenfalls nicht mehr an das Völkerrecht hielten. Es gibt zum Beispiel das Abkommen von Montreux von 1936, das die Durchfahrt von Schiffen – vor allem von Kriegsschiffen – durch den Bosporus regelt. Dieses Abkommen ist von der damaligen Sowjetunion unterzeichnet worden. Wenn Putin sagt, er erkenne die Regierung in der Ukraine nicht an, weil es…

Sage NEIN!

Veröffentlicht in 16. August 2014

Konstantin Wecker schreibt. Und dem ist nichts hinzuzufügen. Wenigstens für den Augenblick.: »mir imponieren nur die Ratschläge, die der Ratgebende selbst beherzigt«, schrieb Rosa Luxemburg, und ich frage mich, wie viele der kriegsbereiten Kommentatoren ihre Ratschläge wohl selbst in die Tat umsetzen würden. Ist es nicht viel einfacher kriegerische Handlungen zu fordern, wenn man sie anderen überlässt? Gut bezahlten Söldnern, entmenschlichten Militaristen? Wer möchte sich schon ins Gemetzel stürzen, wer von all den gewaltbegeisterten virtuellen Kriegern? Wer möchte seinen Kopf hinhalten? Wäre es nicht besser ihn zu gebrauchen? Gibt es wirklich keine Alternativen zum weiter und wieder und wieder bewaffnen, oder sind wir einfach zu faul, zu müde, zu gehirngewaschen um neu zu denken? Friedvoll zu denken? Helfen ohne auch zu morden? Zieht selbst,…

Geschichten brauchen Gegengeschichten

Veröffentlicht in 8. August 2014

»Es war ein Jammer, die Leute anzusehen, die mit ihrer allernötigsten Habseligkeit über den Rhein zogen, ihr ganzes Heim im Stich lassend aus Furcht, dass ihre Häuser zusammengeschossen werden. Frauen und Kinder mit weinenden Gesichtern. Ein alter Mann mit wenigen Habseligkeiten auf einem Schubkarren.« Diese Sätze stehen im Kriegs-Tagebuch meines Großvaters. Aufgeschrieben auf den Tag genau heute vor 100 Jahren. Der 1. Weltkrieg war gerade eine Woche im Gang. Noch sind die Soldaten voller Begeisterung, wie mein Großvater tags darauf im Tagebuch festhält. 17 Millionen Menschen bezahlen diese Begeisterung am Ende mit ihrem Leben. Dieser Kriegsbeginn vor 100 Jahren begleitet mich in diesem Jahr. Durch das Tagebuch meines Großvaters. Durch die täglichen Erinnerungen in den Medien. Sie rücken mir besonders nahe durch die aktuellen…