Kurz vor neunter November. Wieder mal Geburtstag. Jahrestag. Ich kann nichts für. Ein besonderer Tag. Ein Tag der verändert. Mich. Die Welt. Schon immer gewesen. Und bleibt. Für mich endlich. Die Welt unendlich.


Unendliche Erinnerung an einen Tiefpunkt menschlichen Wirkens. Nie wieder ist jetzt. Ich bin kein Freund von Kerzenkreisen. Wenn es bei einem Gedenkanlass wieder mal soweit ist, bin ich raus. Wieviele Kerzen unserer Betroffenheit wollen wir noch anzünden?
Ich bin kein Historiker. Ich bin kein Soziologe. Sich selber zu beschreiben ist schwierig – möglicherweise trifft »wohlmeinend«. Ich ein wohlmeinender Mensch. Ja, das könnte es sein.
Ich persönlich vertrete eine Politik der Gewaltlosigkeit, wohl wissend, dass sie unmöglich als absolutes Prinzip funktionieren kann, das bei jeder Gelegenheit anzuwenden ist.
Ich hoffe und glaube an die Zukunft des wahren Friedens, dass Strukturen der Ungleichheit, der Rechtlosigkeit und des Rassismus endlich sind. Mehr bleibt mir nicht – in all meiner Sprachlosigkeit.
Über allem die Frage, wessen Leben es wert ist, betrauert zu werden, ist ein wesentlicher Bestandteil der Frage, wessen Leben es wert ist, geschätzt zu werden.
»Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?«, steht so in der Bergpredigt. Und weiter: »Und wenn ihr nur eure Schwestern und Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes?«
Für mich leicht zu sagen. Ist mir bewusst. Hineingeboren in eine friedliche Umgebung. Behütet. Gefördert. Dankbar. Ein Privileg. Jahr für Jahr. Einfaches Leben ist frei in der Definition. Die Besonderheit nicht.
Die Besonderheit von Leben und von Glaubensfreiheit. Für mich untrennbar. Glaubensfreiheit ist die Be- und Deutung für die Wahrung der individuellen Rechte, den sozialen Zusammenhalt und die Schaffung von Gesellschaften, die auf Respekt, Toleranz und Vielfalt basieren.

Der Mensch, der danach jagt, der findet Leben, Gerechtigkeit und Ehre. (Die Bibel: Sprüche 21,21)

Gib mir Hände, die Tränen der Verzweiflung abwischen,
einen Kopf, der mir sagt: „du hast was falsch gemacht«,
Augen, die sehen, dass es anderen Menschen schlechter geht als mir,
einen Mund, der sich einsetzen kann,
Ohren, die unrecht, heraushören,
Füße, die mir helfen, wenn ich erschöpft bin,
und ein Herz, dass Liebe spendet.

Ein Gebet von Emma Reuter

Für all das aber brauchen wir unsere Dichter und Träumer, die ungezähmten Narren, die wissen, wie man sich organisiert.
(Judith Butler)