
Man nehme Kreide. Grüne rechteckige Packung mit weißer Beschriftung. Rechteckige Felder auf den Boden malen und los gehts. Eins-eins-eins-beide-eins-beide-drehen-beide. So in etwa sind wir durch die Straßen gehüpft. Spielstraßen gab es noch nicht. Waren nicht notwendig. Man ging zu Fuß. Und immer wenn ich heute ein Feld sehe, was selten genug ist, hüpfe ich oder es juckt zumindest zu hüpfen. Das war unser Himmel und unsere Hölle in jungen Jahren. Und diese beiden bedeutungsvollen Worte gingen leicht über die Lippen.
Wieviel Hölle und wieviel Himmel das Ballspiel auf dem rechteckigen Grün mit weißen Linien an den Tag brachte – ich kann es nur vermuten. Für den Journalisten genug. Vermutlich zum verrückt werden. Spaß wird es nicht immer allen gemacht haben. Fan-Michael jedenfalls sah nur die Hölle – nicht den Himmel. Was schade ist. Etwas verpasst. »Es muss voll toll gewesen sein«. Ich war nicht da. Mal wieder. Ein Jammer. Übrigens erklären Menschen die Hölle mit der Erfahrung der letzten Sinnlosigkeit.
In Kürze: Drei Tore in Halbzeit eins. Es hätten sechs sein können. Drei Tore in Halbzeit zwei. Es hätten fünf sein können. Jeweils für eine Mannschaft. Jeweils in einer Halbzeit. Außergewöhnlich. Nerven aufreibend.
Für den Es-gibt-nur-ein-Rudi-Völler noch mehr. Laut SPIEGEL sah er mitgenommen aus. Er hatte nicht einmal die Kraft, für ein paar Minuten aus der Haut zu fahren. Vermutlich war es die lähmende Wirkung seiner Fassungslosigkeit, die ihn am Wutausbruch hinderte. Und so sprach Bayer-Sportchef Völler nach diesem aberwitzigen Spiel erstaunlich ruhig von einer »gefühlten Niederlage« – und ergänzte mit einem Anflug von Galgenhumor: «Nach dem 3:3 gegen Bremen habe ich gedacht, es wird kein beschisseneres 3:3 mehr geben. Aber es gibt immer noch eine Steigerung.« Der Journalist hat es ganz gut getroffen. Beide. Himmel und Hölle ist mal hier mal da. Mehr Himmel ist wünschenswert und schont die Nerven. Nicht nur auf dem Fußballfeld.
Mit Tag(s) versehen: BL-Saison #52