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Wer nicht sein Kreuz trägt und mir auf meinem Weg folgt, der kann nicht mein Jünger sein. Darum kann auch keiner von euch mein Jünger sein, wenn er sich nicht von allem trennt, was er hat.
(Die Bibel, Lukas 14, Vers 27,33 nach NGÜ)

Puhhhh. Was für ein Wort. Was für eine Forderung. Gefordert ist die radikale Nachfolge. Drei Beispiele:

Im Laufe der langen Geschichte der Christenheit ist der Gedanke immer lebendig, dass radikaler Besitzverzicht und Askese ein Weg ist, Christus nachzufolgen. Um das Jahr 320 etwa, das Christentum war gerade unter Kaiser Konstantin Staatsreligion geworden, da gab es ein Buch, einen Bestseller, verfasst von dem einen Heiligen, nämlich Athanasius, der beschrieb in seinem Buch das Leben eines anderen Heiligen, nämlich Antonius, der wiederum hatte in Ägypten gelebt und war ursprünglich mal ein reicher junger Mann. Aber dann hatte er sich irgendwann entschlossen, der Welt den Rücken zu kehren und fortan in der Wüste zu leben, ohne Haus, ohne Geld und ohne Familie.
Na ja, eigentlich lebte er eher am Rand der Wüste in einer Höhle und wahrscheinlich hatte auch er einen Kreis von Leuten, die ihm ab und zu etwas zukommen ließen; sonst wäre er ja verhungert. Aber gleichwohl war er ein klassischer Aussteiger und galt unter jungen Christ(inn)en damals als „ziemlich cool“ bzw. vorbildhaft. Bald taten es ihm viele nach, erst einzelne Eremiten und dann ganze Gruppen, und so entstand das Mönchtum.

 

Ziemlich genau 900 Jahre später, mitten im Mittelalter also, und zwar in Italien, da war es wieder ein reicher junger Mann, der seines bisherigen Lebenswandels überdrüssig war. Eigentlich hieß er ja Giovanni Bernadone, aber wegen seiner Vorliebe fürs Französische, nannte man ihn scherzhaft Francesco. Der zog sich die „haute couture“ und all die schicken Kleider aus und lebte fortan als Bettler und Eremit im Wald, was wiederum einige junge Leute ziemlich cool fanden und so entstand der erste Bettelmönchsorden, die Minoriten bzw. Franziskaner. Erst wollten sie gar keinen Besitz haben, nicht einmal eine Bibel, später aber fanden sie einen Kompromiss. Im Film „Name der Rose“ spielt das eine Rolle, da streiten sich die Franziskaner (zu erkennen an dem braunen Bettlergewand) mit den anderen Kirchenleuten (in schwarzen, weißen und roten Gewändern), ob Jesus und seine Jünger damals ein Portemonnaie hatten oder nicht.

Es dauerte noch einmal 300 Jahre: Da war es ein Bettelmönch, ein Augustiner-Eremit, der hatte all das durchexerziert, die Leibfeindlichkeit, das Büßen, das Fasten und Beten, fernab der Welt. Aber als er in der Bibel las, da erkannte er: Dieser radikale Weg ist auch nicht besser. Es kommt auf etwas anderes an. Im 1. Korintherbrief schreibt Paulus: „Selbst wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, aber hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze“ (13, 3). Die Liebe aber ist ein Geschenk Gottes, das ich annehme im Glauben. So heißt es auch im Römerbrief: „Der Gerechte wird aus Glauben leben“ (1, 17). Der Mönch verließ das Kloster, er floh nicht länger, er musste sich nicht länger verstecken vor der Welt. „Bleibe im Land und nähre dich redlich“, so heißt es in Psalm 37, 3 und so hat er es übersetzt. Die Rede ist von Martin Luther.

Drei von vielen. Nicht unbedingt mein Weg. Nicht der den ich mir erträume. Der Ruf zum Aufnehmen des eigenen Kreuzes und zur Nachfolge ist recht verstanden ein Aufruf zum Glauben; zum Glauben an Jesus Christus. An Jesus Christus glauben, das ist nicht nur eine Frage des Gefühls oder der momentanen Stimmung. An Jesus Christus glauben, das ist eine Frage des Verstandes, der sich Zeit nimmt nachzudenken. Und dann bin ich schon auf dem Weg ein »Christ zu sein«, »sich an Jesus von Nazareth orientieren«. Jünger zu sein meint nichts anderes als ein von Jesus »Lernender«, eine »Lernende« zu sein. Das ist einfach.

Inspiration/Quelle: ePistel/Udo Schmitt