Am Ende des Tages blieb das Gefühl: beschissen worden. Booking-Rate und Hoteltresen, zwei Welten, die nicht zueinander passten. Kein Platz fürs Zelt, keine sichere Ecke gefunden. Die Dunkelheit stand schon bereit. Der Thermometer zeigt nach unten. Alternativlos – gestehe ich mir ein.

Nachtzug. Gestartet in Hamburg. Gelandet in Celle. Dazwischen: unglaublich Schönes. Nur die letzten fünfzig Kilometer einfach nur gefressen, stumpf auf dem Radweg entlang der B3. Zwischen Sahne und Finger in den Hals. Wer von A nach B will, muss auch Kilometer können. Nicht immer Sand, Stein, Wald und Ruhe. Kerzengerade. Arbeit für Beine und die Gedanken. Hat auch seinen Reiz, wenn du merkst wie Autoverkehr weniger wird. Wenn die Dörfer kleiner, zerfallener, weniger wichtig werden.

Aus Hamburg heraus rollen – und dann: plötzlich Wald. Viel Wald. Unerwartet, schön, mit Wegen, die tragen. Dann Lüneburger Heide.


Ich wusste, wie sie aussieht. Danke Erdkunde. Jetzt weiß ich, wie sie sich anfühlt. Gravel-Paradies, kleines Eldorado. Wandersleute. Pferde. Pferdewagen. Fahrräder. Dann dieser Duft – ganz sanft, kaum greifbar. Jemand schreibt es rieche nach Sand-Thymian. Die Ericas (Glockenheide), vielleicht. Die Besenheide? Ein Parfum ohne Absicht, schwebend, still, wunderbar.

Kurz vor Celle: Bergen. Unspektakulär. Als Bergen-Belsen eher ein Begriff. Geschichtsträchtig. Konzentrationslager. Zu spät für die Gedenkstätte. Zum Mahnmal des Deportationswaggon gefahren. Ein Polizeiauto patrouilliert, der Bahnhof dahinter ist NATO-Gelände. Rheinmetall-LKWs in Camouflage auf der Straße. Schweres Bild, noch schwerer mein Atem.

Und dann wieder das Leichte, fast Absurde:
ein pink angemalter Wohnwagen am Straßenrand, eine Frau darin. Straßenstrich.
Heideblüten, süßer Duft, käufliche Nähe.
Ein Tag voller Gegensätze.

Sonne. Kilometer. Gedanken.
Was will ich?
Was will ich wirklich?
8h im Sattel – Zeit zu Denken.

Durchfahrt: Wesel. Ob es das Wesel ist, das den Bürgermeisternamen als Echo trägt – zu müde, um es zu googeln.

Duschen. Augen zu.
175 Gramm Haribo Erdbeeren im Bauch.
Ja Ja – Zähne putzen.