Ja. Möglicherweise habe ich Vorurteile. Dazu stehe ich. Karlsruhe. Bahnhof. 21:15 Uhr. Heute ist Mittwoch. Ich bin auf dem Heimweg. Der Zug nach Stuttgart öffnet seine Türen. Ich bringe noch kurz meine Bäckertüte weg. Die Laugenware unterdurchschnittlich. Soll schwer sein die richtige Mischung zu erwischen. Die meisten Brezeln taugen zu nichts.
Kurze Zeit vorher: Ein Mann, vorher schon schnaufend, versucht via Druckknopf die Türe des Zuges zu öffnen. Kein Druck. Kein Licht. Der Zug ist noch nicht bereit. Das kann man verstehen und nachvollziehen. Die Abfahrt ist nach noch hin.
Gut, legere gekleidet. Wie so Menschen vom Typ Manager unterwegs sind. Ich nenne ihn Müller. Was wiederum nichts über die Müllers aussagen soll. Bunte Socken. Jeans. Weißes Hemd. Aufgeknöpft. Die Ärmel zweimal eingeschlagen. Auf seinem Mobile schaut er Lanz. Sehe ich so seitlich. Ungestört mit so kleinen Kopfhörern. Die ich auch habe, aber irgendwie nicht mag. Weiße Tennis-Sneaker. Alleine darüber könnte ich mehrere Kapitel schreiben. OK. Ich bin ein Schuh-Nerd. Roger-Federer-ON-Tennisschuhe. Es ist das biederste was der Markt hergibt. Nicht mal bequem sagen Nutzer. Ohne .innen, Frauen sind klüger oder modischer und kaufen sich das nicht. Diese Sneaker sind unterhalb von Mittelmaß. Es ist die Langweiligkeit himself. Ich habe nichts gegen ON. Oder würde es nicht öffentlich sagen. Das heute zufällig die Meldung in der Zeitung steht, dass ein Schweizer Investor, der sich gerade Skechers (Weltmarktanteil: 5,3%) einverleibt hat, nach ON Ausschau hält, schmunzelt mich an.
Müller geht in den Zug. Kleiner Rucksack. Kleinen Koffer mit vier Rollen. Schwarz. Alles leer. Wo setzt er sich hin?
A: 2er-Sitzbank
B: 4er-Sitzbank
C: Radbereich
Genau. Radbereich. C. Ich frage mich eh, was treibt Menschen dazu diese Plätze als erstes zu belegen. Es gibt keine Grund dafür. Keinen.
Ich setze mich mit meinem Rad gegenüber hin. Warte gespannt was passieren wird. Noch in Karlsruhe ist der Zug fast voll. Fahrräder belegen die dafür vorgesehen Plätze. Groß eingezeichnet auf dem Boden. Müller sitzt es aus. Ein junger Mann, McDonalds-Tüte in der Hand, platziert sein Fahrrad schräg dazwischen. Jetzt kann Müller seinerseits nur schräg auf seinem Sitz sitzen. Beine übergeschlagen. Abgelenkt. Entspannt. Es läuft ja Lanz.
Beide tragen die Situation mit Würde. Das ist toll. Beide sitzen die Situation aus.
Habe mich heute, am Mikrofon gefragt, wie spreche ich richtig »ich lange meine Brust an« aus. Es ging um einen verloren gegangenen Brustgurt. Der gefunden wurde. Und ich suchte den/die Besitzer:in. Und forderte dazu auf, dass alle prüfen ob der ihrige so sie einen besitzen fehlt. Es ist mir nicht gelungen. Ich habe mich verheddert.
Ich sollte, will dringend was anderes schreiben. Nein. Lanz habe ich noch nie geschaut.
