Freitagabend. Heimfahrt. Öffentliche Verkehrsmittel in Kombination mit HerrnViktor (einer Sonderanfertigung von Schindelhauer). Ungewöhnlich wenig los in der S4 Richtung Backnang. Alles findet ordnungsgemäß seinen Platz. Das Bike. Der Mensch.
Wie viele Menschen in öffentlicher Umgebung. Handy raus. Zeit nutzen. Die Zeit lesen. Ein gewisser Automatismus. Für manche Menschen fremd. Ein gewohntes Bild.
Ludwigsburg. Ein größeres Menschenmenge steigt ein. Haben die NeckarRiesen gespielt? Basketball vorbei?
Es ist eine Familie. Großfamilie. Mutter. Vater. Sechs oder sieben Kinder zwischen 2 und 9 Jahre alt. Schätze ich. Kinderwagen. Es wird voll im vorderen Zugbereich.
Unvorschriftsmäßig nehme ich mein Fahrrad zur Seite. Hier wurde ich vor längerer Zeit einmal von Sicherheitsleuten der Bahn »Sie wissen doch sicherlich wie Sie Ihr Fahrrad zu befestigen haben…« verwarnt.
Mache also Platz für die Familie samt Kinderwagen – die auch den gesamten Bereich besetzen. Inklusive der nächsten beiden Sitzbereiche. Kopfnicken als Dankeschön.
Beobachte nur am Rande. Verstehe mich nicht als großer Anschauer, negativ auch Glotzer oder Gaffer genannt. Privatsphäre auch in der Öffentlichkeit. Da müsste schon ein ganz ganz besonders Anschauungsobjekt mein Interesse wecken. Und ich unentdeckt bleiben. Klar. Wer will schon ertappt werden mit »is was« oder so.
Großfamilie. Migranten. Flüchtlinge. Menschen denken hier zum Teil in ihr eigenen, engen Dimension. Zu Papier zu bringen nicht wert.
Kurz vor meinem Ausstieg. Aufstehen. Bike, Helm richten. Ich sehe die Sitzgruppe. Dort zwei ältere Herren sitzen. Eindruck dass sich die Beiden eingeengt fühlen. Gestört. Um Platz – besser Space- gebracht. Verständnis. Kurzer Augenkontakt. Fühle mich bestätigt. Denken in engen Dimensionen.
Als plötzlich einer der beiden Herren aufsteht. Einen 10-Euro-Schein dem Vater hinreicht. Verbunden mit der Bitte »den Kindern doch Schokolade zu kaufen«.
Es ist ein kleiner Moment voller Glückseligkeit. Eine Weite – wenn Dimensionen gesprengt werden.
Wir beide – der ältere Herr und ich steigen aus. Auf dem Bahnsteige sage ich voll Bewunderung DANKE für diese Aktion. »Nicht der Rede wert«, erwidert mir der ältere Herr und geht unspektakulär seinen Weg.
Ich fahre die letzten Kilometer mit dem Fahrrad heim. Das ist mein Land. Stolz auf Werte. Hier lohnt es sich zu leben. Ohne aufhebens die kleinen Dinge anpacken. Wenn es auch nur um Schokolade gehen mag.