
Kristian und Roland sind Freunde. Besser waren Freunde. Dann hat es Knall gemacht. Oder eben nicht. In »autoreverse« von Kai Thomas Geiger (»Wie Feuchtgebiete. Mit Gitarren. Aber ohne den ganzen Geschlechtsverkehr«) haut Protagonist Marc Freund Basti eine rein. Meine Faust – sein Gesicht. Wie in Zeitlupe. Nein, noch langsamer. Als würde man einen Kungfu-Film mit Bruce Lee rückwärts schauen. Ich treffen ihn nicht ganz richtig, aber der Schlag, der auf Wangenknochen und Stirn landet und vorallem die Wut, die dahinter steckt, reichen aus, damit Basti zu Boden geht.
Kristian und Roland lassen Stufe 1 – den Nahkampf – weg. Sie haben unterschiedliche Meinung. Kristian trifft eine Entscheidung. Roland lässt anwaltlich prüfen bevor er zuschlägt. Beziehungweise – was für ein blödes Wort in diesem Zusammenhang – nicht.
Zwei Fußballspieler, die sich gerade mächtig beharkt und gefoult haben. Gelb für alle beide. Wissend, dass sie Mist gebaut haben. Und beide tuend als sei nichts gewesen. Unschuldslämmer im Opferlammpelz.
2o Seiten später ist alles wieder gut. Jungs-Rituale. Jungs reden nicht. Sie pinkeln um die Wette. Sie drücken den Arm des anderen auf eine Tischplatte.
Kristian und Roland drücken keine Arme. Sie haben Anwälte. Vermutlich waren sie nüchtern betrachtet nicht einmal Freunde. Oder nur solange ein Nutzen ist. In Ausnutzen ist auch Nutzen drin. Aber ist das Freundschaft? Und was soll der scheiss mit Anwalt und so. Wenn’s aus ist ist’s aus. Ein Konflikt von dem viele die Schnauze voll haben. Schon im Frühstadium. Basti und ich stehen da wie Reagan und Breschnew. Wir schauen uns nicht an, sondern lächeln gequält in die Kameras.
Kann Kristian gut leiden. Vermutlich sind wir Freunde. Shalom Aleichem. Wir wollen Frieden für alle.
Ich bin bisher gut durchgekommen. Keine Fäuste. Kein Armdrücken. Dankbar dafür. Einfach nur Freunde. Was heißt einfach. Freundschaft ohne Hintergedanken. Quasi ohne Nutzen. Niemals nutzlos. Wertvoll. Einfach nur Freunde sein. Das allein genügt.
Quelle: Kai Thomas Geiger, autoreverse, Theiss-Verlag Stuttgart
Lesenswert und schenkt eine schöne beglückende Lesezeit. Spielt in der Gegend von Stuttgart. Nicht auszuschließen dass man sich begegnet ist.
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