Unlängst in DER ZEIT gelesen & für gut befunden…
Neulich hat Frau Yasmin Fahimi, die Generalsekretärin der SPD, etwas sehr Schönes und Menschliches gesagt. Sie hat sich dagegen verwahrt, dass der griechische Mindestlohn von unverschämten 500 Euro noch weiter erhöht werde, weil dies von anderen Mindestlöhnern in Europa bezahlt werden müsse. »Europäische Mindestlöhner! Griechische Arbeiter wollen euch eure Villen im Tessin wegnehmen!«
Ja, Sozialdemokraten wissen aus Erfahrung, wie schnell Neid und Missgunst entstehen, wenn arme Menschen weniger arm sein wollen als andere arme Menschen. Das ist ein Verstoß gegen die soziale Gerechtigkeit, und hier heißt es: »Wehret den Anfängen«. Völlig zu Recht fürchtet Frau Fahimi, dass die SPD außerhalb Hamburgs zur Splitterpartei schrumpft, wenn sie vergisst, dass Gott jeden Menschen von Geburt an auf einen festen Platz gestellt hat, wo er in Demut und Ehrfurcht so lange ausharren möge, bis der Allmächtige ihn am Ende seiner Erdentage in den Himmel zurückholt, damit er dort noch ein schönes Leben habe.
Diogenes in seiner Tonne war übrigens der letzte Grieche, der dieses Wissen noch im Herzen trug. Er wusste, was auf sein Land zukommt, wenn es bei der EZB Kredite aufnimmt, die ein Grieche niemals wird zurückzahlen können. Persönlich hat Diogenes zu keinem Zeitpunkt über seine Verhältnisse gelebt. Seine Tonne war schuldenfrei, und er hatte keine Troika zu fürchten. Seine Mitmenschen dagegen holzten für ihre Angeber-Kriegsflotte rauschende Wälder ab, und nun müssen Griechen beim IWF um Dachlatten betteln, damit es nicht länger in die Hütte regnet. Betteln ist für den Griechen Arbeit, wobei man sich durchaus fragen darf, ob unproduktive Menschen überhaupt das Wahlrecht ausüben sollten. Frau Fahimis Parteigenosse, der liebe Thilo Sarrazin, hat dazu bestimmt ganz eigene Ideen: Warum besitzen Menschen, deren Leben sich ohnehin nie mehr ändern wird, ein Wahlrecht? Was haben sie zu wählen? Genügt es nicht, wenn wir sie auf einem evangelischen Kirchentag fest in unser Gebet einschließen?
Völlig zu Recht beruft sich Frau Fahimi auf Plato, der ebenfalls die Anhebung des Mindestlohns bekämpft hat, weil dies die »Prunksucht« fördere. Plato war bekanntlich kein Freund der Demokratie: »Sie teilt ohne Unterschied Gleichen und Ungleichen dieselbe Gleichheit zu.« Wie gut, dass weise Banken das törichte Griechenland nun ans Händchen nehmen, damit das Land nie wieder eine falsche Regierung wählt. Zurück in die Tonne! Netterweise hat sich Frau Fahimi bereit erklärt, die Höhe des griechischen Mindestlohns persönlich zu überwachen. Hoch, hoch die internationale Solidarität!

Quelle: DIE ZEIT NO 08 | 2015 Das Letzte | FINIS