1511_exitEs ist ein verlockender Gedanke: Terrornester irgendwo da draußen auszuräuchern, dem islamistischen Spuk mit Militärschlägen ein Ende zu bereiten. Ein Endkampf, der die Brut ausrottet, die immer wieder morden lässt. Ein Gedanke, so verlockend, weil er Stärke für sich in Anspruch nimmt und Heldentum und internationale Waffenbrüderschaft im Kampf gegen den einen, den gemeinsamen Feind. So beruhigend, weil er unsere niedersten Bedürfnisse von Rache und Vergeltung befriedigt und so bequem, weil er jeden weiteren Gedanken überflüssig macht. Die alttestamentliche Sehnsucht nach Ausrottung aller Gottlosigkeit, sie lässt uns auch in diesen Tagen nicht los, sie kleidet sich nur neu in Worte von »gezielten Militärschlägen« und »europäischer Solidarität«.
Aber es ist und bleibt ein Wunschgedanke, ein naiver Traum vom Endsieg über den Terror. Ein gefährlicher Traum und ein Ausdruck von Schwäche sowieso. Nicht erst die Kriege im Irak und in Afghanistan sollten uns schlauer gemacht haben, mit denen wir den Terror gesät haben, den wir heute ernten. Sondern vor allem ein Gedanke: Es ist ein Krieg, den die Mordgesellen des »IS« herbeisehnen, weil er ihren apokalyptischen Untergangsphantasien entspricht, ihrer Vorstellung eines Dschihad, der die Welt in Flammen setzt.

Dabei ist ihr selbsternanntes Kalifat dem Untergang geweiht. Wenn es nicht weiter mit Waffen und Geld versorgt wird. Wenn es auf keine Alliierten mehr vertrauen darf, die vom Westen hofiert werden. Und wenn die Menschen im Irak und in Syrien, im Libanon und in Jordanien wieder eine Perspektive haben. Und ja, hier gibt es einen Zusammenhang zwischen Terror und Flucht: Indem wir den Opfern von Krieg, Armut und Verfolgung hier eine Zuflucht bieten, schaffen wir auch die Voraussetzung dafür, dass ein Wiederaufbau dort gelingen kann. Indem wir ihnen hier vermitteln, dass nur eine offene Gesellschaft eine wahre Perspektive bietet, schaffen wir Veränderung auch dort. Auch so entziehen wir den Ideologen einer mittelalterlichen Diktatur ihre irrwitzige Legitimationsbasis. Nicht heute, aber morgen.
Es wäre es ein dauerhafter Sieg. Nicht nur über den Terror sondern auch über die Logik militärischer Lösungen, die nichts von dem einhalten können, was sie versprechen.
Quelle: Georg Restle | MONITOR