Es fliegen Steine … und Molotowcocktails. Tränengas hüllt den Gezi-Park und die angrenzenden Straßen in beißenden Nebel ein, Wasserwerfer zielen mit ihren Kanonen auf Demonstranten …
Und dann plötzlich. Musik. Klaviermusik. Ein Moment, in dem die Zeit für einen Augenblick still zu stehen scheint. Oder anders: In der ein Stück Ewigkeit in den Alltag bricht. Istanbul. Taksim-Platz. Plötzlich taucht der deutsche Pianist Davide Martello mit seinem Flügel auf und fängt an zu spielen. Inmitten dem Geplärre von Polizeisirenen, Wasserwerfern, politischen Diskussionen und Schlachtrufen, inmitten der angespannten Lage zwischen Signalen von Dialogbereitschaft und Knüppelpolitik sitzt da einer an den Tasten und tut etwas vollkommen unerwartetes. Es muss eine surreale, unwirkliche Stimmung gewesen sein, die sich an diesem Abend breit machte. Gegner wurden zu Publikum, die einen zogen die Gasmasken, die anderen die Helme ab, Demonstranten wie Polizisten lauschten der Musik – und vergaßen für ein paar Stunden, aufeinander los zu gehen. Davide Martello schrieb mit seinen Fingern auf den Tasten und verschaffte den Menschen ein, zwei Tage Pause. Letztendlich konnte er den Konflikt nicht lösen, aber wer weiß, was er in den Menschen bewegt hat?!
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