Innehalten ist Luxus – Gedanken zum Buß- und Bettag
Achim Seiter
Veröffentlicht in 21. November 2012

Nie war er so wertvoll wie heute – der Buß- und Bettag. Einst ein arbeitsfreier evangelischer Feiertag. Dann kam er unter die Räder von wirtschaftlichen Interessen. Wurde als Tag des gesellschaftlichen Innehaltens und Besinnens geopfert, um die Arbeitgeberanteile der Pflegeversicherung gegenzufinanzieren. Was – so sagen Kritiker – gescheitert ist.
So wurde dieser Mittwoch (immer elf Tage vor dem 1. Advent) ab 1995 ein Arbeitstag.
Früher in meiner Kindheit schulfrei. Die ruhige Jahreszeit begann und meist wurde die Autorennbahn in Betrieb genommen. Herbstspaziergänge und Gottesdienstbesuch standen auf dem Programm. Abends meist ein Fußballländerspiel. Ein „Sonntag“ mitten in der Woche. Tempo rausnehmen aus dem umtriebigen Leben.
Dieser Tag mit diesem etwas merkwürdigen Namen. Buß- und Bettag.
Beten ist ja noch verständlich. Aber Buß??
Mit dem Namen „Bußtag“, der heute etwas befremdlich und ein bisschen düster klingt, können aber viele nichts mehr anfangen. Das alte Wort „Buße“ ist umgangssprachlich kaum mehr in Gebrauch und lässt an Strafe und Sühne denken. Früher wurde der Begriff Buße gleichbedeutend mit Beichte benutzt, wie noch zu Martin Luthers Zeiten. Der Reformator hatte aber gerade am Verständnis von Beichte und Buße der damaligen Kirche einiges auszusetzen.
Er hielt es für falsch, dass man für einen gebeichteten Fehler von einem Priester eine Bußhandlung auferlegt bekam und dann, beispielsweise nach dem Beten etlicher Rosenkränze, von seiner Schuld freigesprochen wurde. Seiner Meinung nach war die innere Einsicht und Umkehr wesentlich für den Freispruch – der auch nur von Gott kommen kann, und nicht von einem Priester. Luther ging es darum, dass „das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll“ – so die erste seiner 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg. Darum ist es ein ganz und gar protestantischer Gedanke, sich im Gebet an Gott zu wenden und die eigene Lebens- und Glaubenshaltung zu prüfen.
Der Buß- und Bettag wird darum auch als der „evangelischste“ unter den kirchlichen Feiertagen bezeichnet. Im Namen „Buß- und Bettag“ soll zum Ausdruck kommen, dass es um einen Tag des Bittens und Betens um Einsicht, Vergebung und Kraft zur Umkehr geht. Damit ist der Sinn und das Anliegen des kirchlichen Feiertags befreiend – und so aktuell wie eh und je und wertvoller denn je.
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