Ein Schluck Wein, ein Stück Brot … Mehr ist nicht nötig, um dem Evangelium nachzuspüren. Und nur zwei Verse braucht Paulus, um zu erklären, was Kirche ist. Das wirklich Wichtige erschließt sich nicht selten im Schlichten, Einfachen …

Oft machen wir es zu kompliziert. Wir stellen Regeln auf, machen Gesetze, schreiben dicke Bücher, philosophieren über Gott und die Welt … Dabei liegt die ganze Wahrheit in einem Schluck Wein und einem Stück Brot.

Wein und Brot – Elemente des Lebens, die wir miteinander teilen. Und genau darin liegt das Geheimnis: im Teilen. Denn das ist mehr als ein Weiterreichen von Lebensmitteln, obwohl auch das schon viel bedeutete, würden wir es nicht nur im Gottesdienst tun. Jeder Schluck und jeder Bissen verbindet uns mit dem Leben Jesu. Und im Weitergeben verbindet uns sein Leben mit dem unseres Nachbarn.

Es ist diese Gemeinschaft, die uns zur Kirche macht. Ihr Grund liegt nicht in uns, sondern in Jesus. Das heißt, nicht unsere Liebe, sondern seine Liebe macht uns zu Brüdern und Schwestern. Doch damit ist sie – Gott sei Dank – unseren Unzulänglichkeiten und Schwächen, unseren Reibereien und Nicklichkeiten, unserem Widerwillen und Unmut entzogen. Nur so sind wir eine wahre Gemeinschaft, über alle Grenzen hinweg ein Leib.

Aus Gemeinschaft erwächst Solidarität. Etwas, das in den vergangenen Tagen aufgrund der Schlecker-Pleite wieder zu einem öffentlichen Thema wurde. Wie geht man mit 11.000 Menschen um, die kurz davor stehen, ihren Job zu verlieren? Die Frage ist im Grunde falsch formuliert. Sie müsste lauten: Wie geht man 11.000 Mal mit einem Menschen um, der kurz davor steht, seinen Job zu verlieren? Hinter jeder Entlassung steht die Geschichte eines Einzelnen, der damit zurecht kommen muss, kein sicheres Einkommen mehr zu haben – etwas, das für viele mehr wiegt als die scheinbar fragwürdigen Arbeitsbedingungen.

Eine mögliche Transfergesellschaft, die die Mitarbeiter erst einmal aufgefangen und versucht hätte, sie in andere Jobs zu vermitteln, konnte nicht eingerichtet werden. Argumente – meist wirtschaftlicher Art – gibt es dafür und dagegen. Nur vereinzelt hörte man – meist von Passanten auf der Straße -, dass es doch jetzt notwendig sei, wie bei Griechenland oder während der Bankenkrise Solidarität zu zeigen.

Doch Solidarität ist nicht gleich Solidarität und ob und wenn ja, welche Solidarität zum Zuge kommt, hängt in diesem und manchem anderen Fall an der Systemrelevanz. Dieser Begriff ist allerdings nichts anderes als eine nette Umschreibung für Egoismus: Die Not der anderen gefährdet mein eigenes Wohlbefinden, deshalb helfe ich – ob als Staat oder als Nachbar macht beim Beweggrund keinen Unterschied: es ist und bleibt eine Kosten-Nutzen-Rechnung.

Wie weit davon entfernt ist die Solidarität, die uns im Abendmahl zuteil wird! Hier geht es um Hingabe, die nichts von einem Kosten-Nutzen-Faktor weiß. Das einzige Kriterium, das zählt, ist die Liebe Gottes zu uns Menschen. Und die ist nicht egoistisch, sondern auf unbegreifbare, ja grausame Art barmherzig: Als Jesus am Kreuz stirbt, hat ihn Gott verlassen – und ist unendlich nah bei den Menschen. Diese Nähe kann uns niemand mehr nehmen. Gott bleibt uns gegenüber solidarisch. Selbst im Tod.

Diese Hingabe ist nicht Eins zu Eins in unsere Welt übertragbar. Aber sie ist ein unüberwindbarer Widerstand, an dem wir uns im Alltag immer wieder reiben sollen. Teilen wir Brot und Wein untereinander, dann sind wir wahre Kirche, dann erinnern wir uns an diese Liebe und an diese Hingabe – und daran, dass wir dazu berufen sind, ihr ein Gesicht – unser Gesicht – zu geben.

Es wird uns schwer fallen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Aber wir dürfen ihm nicht ausweichen – um der Welt, um der Menschen, um unserer selbst willen nicht. So ist das Abendmahl, das wir gemeinsam feiern, nicht die Erinnerung an den Tod, sondern eine Aufforderung zum Leben, es ist nicht das Ende, sondern der Anfang … Wie schon gesagt: Ein Schluck Wein, ein Stück Brot … Mehr ist nicht nötig, um dem Evangelium nachzuspüren.

Quelle: ePistel

Die Bibel: 1. Korinther 10,16-17