Dortmund gegen Stuttgart, 4:4, ein Spiel zum an die Wand hängen, ein Freitagskrimi, ein Sport-Drama, eine Fußball-Orgie. Müsste man einen Skeptiker von der Schönheit des Fußballs überzeugen, man würde ihm die DVD dieser Partie überreichen. Sechs Tore (das gab es zuvor vor 30 Jahren) in den letzten 20 Minuten, dreimal wechselte in dieser Zeit die Führung (keine Ahnung, ob es das schon mal gab). Selbst die Deutschen Presse-Agentur (dpa) kamen nicht mit. Deren Meldung endete schon nach dem 2:1 mit einem Halbsatz reinster Fußball-Poesie: „…ehe sich in der Schlussphase die Ereignisse überschlugen.“
„Jeder der 80 000 im Stadion darf dem Schicksal dankbar sein, dass er eine Karte hatte und bei diesem Spiel dabei war“, sagte der Manager Fredi Bobic – und das war nicht einmal übertrieben. Acht Tore und dazu noch einen Latten- und zwei Pfostentreffer in dieser verrückten Begegnung. Zwei Mannschaften rannten, grätschten und schossen sich in einen wahren Rausch: vier Tore für Dortmund, vier für Stuttgart. Weil es eine solch unglaublich rasante Achterbahnfahrt gewesen war, hatten alle Beteiligten erst einmal Mühe, das Erlebte vernünftig einzuordnen. Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia hatte ein „irres“ oder auch wahlweise ein „geiles Spiel“ gesehen.
BVB-Coach Jürgen Klopp wusste nicht, ob er als Fußball-Liebhaber oder als Fachmann urteilen sollte: „Für Fans war das heute der reine Wahnsinn, als Trainer muss ich sagen, ich hatte nicht komplett durchgehend Spaß an diesem Spiel.“ Dieses 4:4 war die mit Abstand spektakulärste Begegnung dieser Bundesliga-Saison. Am Ende gab es keinen Sieger und doch viele Gewinner: das Publikum, das großen Sport und noch größere Emotionen geboten bekam; die Dortmunder, die zwar einen sicher geglaubten Sieg aus der Hand gaben, aber aus dem Erlebten dennoch moralische Kraft für den Saisonendspurt ziehen dürften; die Stuttgarter, ohne die dieses prickelnde Abenteuer nicht möglich gewesen wäre.
„Es gibt Tage, in denen du dich als Trainer fragst, warum machst du das?“, sagte Labbadia und lieferte die Antwort gleich mit: „An solch einem Abend wie heute weißt du es.“
„Der VfB hat ein Mörderspiel gemacht“, sagte Klopp, „sie sind immer gefährlich geblieben. Das ist nur möglich, wenn ein Gegner richtig Qualität auf den Platz bringt.“

Borussia Dortmund – VfB Stuttgart 4:4 (1:0)
1:0 Kagawa (33.)
2:0 Blaszczykowski (49.)
2:1 Ibisevic (71.)
2:2 Schieber (77.)
2:3 Schieber (79.)
3:3 Hummels (81.)
4:3 Perisic (87.)
4:4 Gentner (90.+2)
Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Gündogan (67. Sven Bender), Kehl – Blaszczykowski, Kagawa (81. Barrios), Großkreutz (79. Perisic) – Lewandowski
Stuttgart: Ulreich – Sakai, Maza, Niedermeier, Boka (61. Molinaro) – Kvist, Kuzmanovic – Harnik, Hajnal (70. Gentner), Schieber (84. Bah) – Ibisevic
Schiedsrichter: Weiner
Zuschauer: 80.720 (ausverkauft)
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