Es fängt an als alles vorbei schien. WANDA war in der Stadt. Naja… Nicht ganz. Heidelberg. Halle 02. Irgendwo am Rande der Stadt. Industriegebiet. Dort, wo Kultur niemand stört. Innenstadt sind ja meist schicke Wohnungen und Menschen die sich gestört fühlen. Einerseits verständlich. Andererseits… die immerwährende Geschichte mit Huhn und dem Ei.
WANDA. Gefeiert und doch unbekannt. Über das Radio wird vermutlich nur ein Song gespielt. Vermutlich? Höre für gewöhnlich kein Radio.
One-Hit-Wonder und so. Dabei sein, weil man die Sensation der Stunde mit eigenen Augen sehen will! Solange sie noch lichterloh brennt. Wanda kommen aus dem Nichts.
Es fängt damit an dass ein Großteil der Zuschauer textsicher mitsingt. OK. Wow. Nicht so erwartet. Hatte eher auf Neugierde gesetzt.
Guter Auftakt. Fröhliche Stimmung. Und ganz kurz doch der Gedanken. Was wäre wenn… Paris. Club. Bataclan. Nur kurz. STOP KILLING PEOPLE YOU FUCKING TWATS. Die Musik geht fröhlich und ähnlich weiter. Nicht langweilig. Nein. Ein plätschern, wie es manchmal so ist. Dicht an dicht stehen die Menschen – und warten auf den Hit. Fröhlich wippend und Bier trinkend, wenn man die Geduld des Wartens am Ausschank mitbringt. Das gehört dazu.
BOLOGNA. Der Moment.
Wenn Marco Michael Wanda in seiner sympathisch-schnodderigen Art mit Weinflasche und Zigarette das Publikum, das ihm längst willenlos zu Füßen liegt, fragt: »Ist es etwa schon wieder so weit?« Und dann »Amore« anstimmt. Die Macht der Euphorie in diesem Moment ist nichts als reines Glück. Wirklich. Was für ein Song. So beeindruckend, dass Rainald Goetz seine Rede anläßlich des Georg-Büchner-Preises mit folgenden Fragen enden lässt:
Wie wollen wir leben? Die letzte Anrufung soll der Stadt meiner Väter Wien gelten. Was ist das Ergebnis dieser Rede, Wanda, wenn jemand fragt, wofür du stehst?
Wenn jemand fragt, wofür du stehst sag: für AMORE, amore.
Womit wir wissen dass die Jungs aus Österreich kommen. Wiener Schmäh. Lieder, die schwermütig sind und trotzdem frech und verwegen in ihrer Klarheit. Lieder mit sehnsüchtig aufgesetzen, aber wunderbar unpeinlichen Texten – eine seltene Angelegenheit, noch dazu auf Deutsch. Lieder, die mit Witz und versoffenem Kneipencharme von Liebe, Enttäuschung und Rausch erzählen, vom ungesunden, wilden, ehrlichen Leben – genauer: von »Amore«, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Schlussakkord. BÄM. Fishing vor Zugabe… Nicht heute. Es wird gesungen. 1 2 3 4 bleibt noch ein Stückchen hier.
WANDA ändern erkennbar das Setup. Ein »geplanter« Konzertabend wird anders. Wie ein Votum. Als ob die Zuschauer die Macht ergreifen. WANDA reagiert anstatt üblich von der Bühne – von oben herunter – zu agieren. Herrlich. Vielleicht nur möglich bei jungen Bands. Die erst am begreifen sind was hier eigentlich abgeht. »Auch wenn nur 10, nein 5 von euch wiederkommen werden wir wieder hier spielen.« Und es beginnt das beeindruckende Finale, dass damit endet, dass sie einfach keine Lieder mehr haben. Das Konzert schließt mit dem ersten Lied des Abends.
Schön war’s. Und es bleibt die Frage der Fragen: Wenn jemand fragt wofür du stehst…
Mit Tag(s) versehen: geMacht