Archiv für

Tante Hilde

Veröffentlicht in 30. November 2015

Ich mag Weihnachten und ich mag blinkende Lichterketten. Ich mag Stechpalmenzweige mit roten Beeren, Sternenreigen an Fensterscheiben, ich mag glitzernd-leuchtende Fußgängerzonen, auch wenn ich weiß, dass das ökologisch bedenklich ist. Von Zimtgeruch und Orangen kann ich nicht genug kriegen und jedes Jahr wieder stelle ich mich unter einen Mistelzweig. Einen Tannenbaum will ich und der soll nicht nur mit drögem Stroh geschmückt sein. Ich will englische Weihnachtslieder, weil die so heiter klingen, ich will Gold, ich will Silber, und wenn es nur angemaltes Blech ist. Ich will einen Blick in den Festsaal werfen. Ich will glauben: Heute ist alles gut, auch wenn nicht alles gut ist. Ich will einen Vorgeschmack aufs große Ganze. Sehen, wie es wäre, wenn Frieden wäre und Glück und Schönheit…

AMORE

Veröffentlicht in 26. November 2015

Es fängt an als alles vorbei schien. WANDA war in der Stadt. Naja… Nicht ganz. Heidelberg. Halle 02. Irgendwo am Rande der Stadt. Industriegebiet. Dort, wo Kultur niemand stört. Innenstadt sind ja meist schicke Wohnungen und Menschen die sich gestört fühlen. Einerseits verständlich. Andererseits… die immerwährende Geschichte mit Huhn und dem Ei. WANDA. Gefeiert und doch unbekannt. Über das Radio wird vermutlich nur ein Song gespielt. Vermutlich? Höre für gewöhnlich kein Radio. One-Hit-Wonder und so. Dabei sein, weil man die Sensation der Stunde mit eigenen Augen sehen will! Solange sie noch lichterloh brennt. Wanda kommen aus dem Nichts. Es fängt damit an dass ein Großteil der Zuschauer textsicher mitsingt. OK. Wow. Nicht so erwartet. Hatte eher auf Neugierde gesetzt. Guter Auftakt. Fröhliche Stimmung. Und…

Naive Träume

Veröffentlicht in 18. November 2015

Es ist ein verlockender Gedanke: Terrornester irgendwo da draußen auszuräuchern, dem islamistischen Spuk mit Militärschlägen ein Ende zu bereiten. Ein Endkampf, der die Brut ausrottet, die immer wieder morden lässt. Ein Gedanke, so verlockend, weil er Stärke für sich in Anspruch nimmt und Heldentum und internationale Waffenbrüderschaft im Kampf gegen den einen, den gemeinsamen Feind. So beruhigend, weil er unsere niedersten Bedürfnisse von Rache und Vergeltung befriedigt und so bequem, weil er jeden weiteren Gedanken überflüssig macht. Die alttestamentliche Sehnsucht nach Ausrottung aller Gottlosigkeit, sie lässt uns auch in diesen Tagen nicht los, sie kleidet sich nur neu in Worte von »gezielten Militärschlägen« und »europäischer Solidarität«. Aber es ist und bleibt ein Wunschgedanke, ein naiver Traum vom Endsieg über den Terror. Ein gefährlicher Traum…

100 Fragen nach Paris

Veröffentlicht in 17. November 2015

100 Fragen. Keine Antworten. 1. Warum? 2. Warum hat das niemand verhindert? 3. Wozu die ganze Polizei, Überwachung, all die Geheimdienste und Militäreinsätze? 4. Wozu wird unsere Telekommunikation überwacht, wozu haben wir Geheimdienste, wozu wissen die Behörden, was wir im Internet machen, wenn nicht zur Verhinderung von Taten wie dieser? 5. Bin ich Deutschland, Frankreich oder Europa? 6. Warum bin ich nicht Polen, obwohl ich viel mehr Polen bin als Frankreich? 7. Bin ich Deutscher oder Europäer – und was ist der Unterschied? 8. Stehe ich hinter Thomas de Mazierè? 9. Steht Thomas de Mazierè hinter Angela Merkel? 10. Schreibt man »de Mazierè« mit accent aigu oder accent grave? 11. Warum verspüre ich seit einigen Wochen das starke Bedürfnis, Angela Merkel Mut zuzusprechen, Trost zu…

Auf dem Weg zu Gott

Veröffentlicht in 9. November 2015

Um dahin zu kommen, alles zu schmecken, suche in nichts Geschmack. Um dahin zu gelangen, alles zu wissen, suche in nichts etwas zu wissen. Um dahin zu kommen, alles zu besitzen, suche in nichts etwas zu besitzen. Um dahin zu kommen, alles zu sein, suche in nichts etwas zu sein. Um zu erlangen, was du nicht schmeckst, geh wo du nichts schmeckst. Um zu erlangen, was du nicht weißt, geh wo du nichts weißt. Um zu besitzen, was du nicht besitzt, geh wo du nichts besitzt. Um zu erlangen, was du nicht bist, geh wo du nicht(s) bist. Sowie du bei etwas verweilst, gehst du nicht mehr zum Alles. Um in allem zum Alles zu kommen, ist im Alles alles zu lassen. Und wenn…