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Trick or Treat

Veröffentlicht in 31. Oktober 2014

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Nicht wirklich. Nein. Ich brauche Halloween nicht. »Trick or Treat«. Nichts für mich. Meine Haustüre bleibt verschlossen. Bin einfach nicht da. Keine Gedichte. Keine Süßigkeiten. Aber wenn ich mir vorstelle wie es in der ZEIT so wunderbar beschrieben ist: »Aber wenn Klein-Pimpf-Dracula jetzt so vor dir steht, die kleine Hand mit theatralischem Zittern ausgestreckt, da wirst du auf einmal ganz traurig. Am liebsten würdest du dich zu ihm hinunterbeugen, ihm in die schattigen Augen schauen und sagen: Kleiner, weißt du eigentlich, dass du überhaupt nicht gruselig bist? Das einzig Schreckliche an dir ist, dass du mit fünf schon zur Speerspitze der kapitalistischen Verwertung gehörst.« Ein Heidenspaß. Aber Spielverderber. Völlig unlustig. Aus Kindersicht: »So muss wohl ein Arschloch sein.« Wenig heilig. Deshalb… ausfliegen. Soll nicht heißen, dass ich es ablehne. Eher eine Art Gleichgültigkeit. Ist mir schlicht und einfach egal. Wenn es Menschen glücklich macht…, sagen die Hamburger. Mich nicht – nicht wirklich. Wobei wirklich nicht wirklich passt. Unmögliches kann niemals wirklich werden. Und Halloween ist ja. Wie auch am selbigen Tag die Erinnerung an die Reformation. Dafür können die Hexen und die Draculas nichts.

Erinnerung I – 31.10.2013 

Gerade angekommen. New York. Rein ins Getümmel. Times Square. Fröhliches Treiben. N’Dollar für den Erinnerung-Selfie. Mich getraut. Die anderen lachen blöd. Berührung war natürlich nicht.

Gegenwart – 31.10.2014 

Schwäbische Alb. Knapp 1700 Seelen Dorf. Genannt Berghülen. Von Halloween keine Spur. Mystisch – mit Dunkelheit, Landschaft und Nebel von alleine.

Erinnerung II – 04.08.1990 

Konzert: The Cure. Ort: Zentralstadion, Leipzig. Schwarz gekleidete Menschen. Affenhitze. Tolle Frisuren. Gesichtsschminke. Wenigstens am Anfang.

»On candy stripe legs the Spiderman comes. Quietly he laughs and shaking his head. I will wake up in the shivering cold And the Spiderman is always hungry.«  Lullaby

Wenn schaurig – Dann schön. Irgendwie erinnert mich der letzte Tag des Oktobers immer wieder an diese gruselig schöne August-Sommernacht. Und Leipzig – Wittenberg sind gerade mal 70km. NewYork – Berghülen Welten.

x-beliebig

Veröffentlicht in 30. Oktober 2014

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Es ist eine Geschichte, die von Phantasie und Liebe erzählt. Und wie wildfremde Menschen sich für einen Moment davon anstecken lassen.
Stellen Sie sich vor: ein Speisewagen in einem ICE, unterwegs irgendwo zwischen Berlin und Leipzig. Voll mit Menschen, die mit ihrem Essen beschäftigt sind. Oder geschäftliche Dinge miteinander besprechen.
Plötzlich eine Frau am Ende des Ganges, vielleicht Mitte dreißig. Sie trägt einen Korb voller Rosen im Arm. »Bitte, hören Sie mir einen Moment zu«, sagt sie, und schaut in die Runde. »Jetzt schon wieder diese Nummer«, denken einige. »Nicht mal im Speisewagen hat man seine Ruhe.«
Die Frau sagt, dass sie die Tochter des Lokführers ist. Ihr Vater vorn auf der Lok fährt gerade seine letzte Fahrt. Gleich in Leipzig endet sein Berufsleben. Er habe immer bedauert, dass er nie die Menschen sehen würde, die er Jahr für Jahr befördert habe.
Das sei doch jetzt eine gute Gelegenheit, habe sie sich gedacht. Wenn jeder der Fahrgäste ihm bei der Ankunft eine der roten Rosen aus ihrem Korb überreichen würde.
Im Speisewagen ist es einen Moment still. Dann allseitiges Nicken. Jeder nimmt eine Rose. Der Manager, die Großmutter auf der Fahrt zu ihren Enkeln, der Bundeswehrsoldat. Als der Zug in Leipzig zum Stehen kommt, bewegt sich eine Menschenschlange auf die Lok zu. Viele Hände strecken sich dem Lokführer entgegen. Und überreichen ihm eine Rose. Fast jeder sagt noch ein freundliches Wort dazu. Tränen fließen. Schon nach kurzer Zeit ist der Führerstand übersät mit Rosen. Fassungslos steht das offizielle Verabschiedungskomitee der Bahn daneben, das dem Jubilar einen kleinen Strauß Blumen überreichen wollte.
Damit endet die Geschichte. Nein, sie endet damit gewiss nicht! Denn wer bei diesem Ereignis dabei war, wird es nicht vergessen. Die liebevolle Idee einer Tochter, die sich für ihren Vater etwas einfallen ließ. Die mitreißende Wirkung dieser Idee, die aus anonymen Besuchern eines x-beliebigen Speisewagens für einen Moment eine verschworene Gemeinschaft machte. Das Glück und die Freude, mit der sich alle miteinander beschenkt fühlten.
Wertschätzung und Achtsamkeit sind knappe Ressourcen in unserer Gesellschaft. Die Geschichte zeigt aber auch: es braucht nur eine kleine Prise davon – und alles verwandelt sich. Man könnte auch so sagen: Liebe kann Berge versetzen.

Quelle: Freude. Schätze aus 20 Jahren »Der andere Advent«, erzählt von Birgit Kummer

Eintracht LII #9

Veröffentlicht in 28. Oktober 2014

1:0 – 1:1 – 1:2 – 1:3 – 2:3 – 3:3 – 4:3 – 4:4 – 4:5. Aus Aus Auswärtssieg. Auf einmal wird die Handschrift des Trainers erkannt. Prima. Eindeutig. Das ist im Erfolgsfall gerne der Fall. Die harte Arbeit fruchtet. Eingespielt. Laufwege. Im anderen Fall – also dem Negativen. Eben nicht. Das ist die Tragik. Da wird von dem berühmten Ruder gesprochen. Das nicht herum gerissen wird. Abstimmung. BlaBlaBla. Also freuen wir uns dran. So eine Art Wiederauferstehung. Nennen wir es Stehaufmännchen. Mit Respekt. Bin aus Überzeugung Optimist. Deshalb beginnt jetzt eine Serie. Alles wird gut. Die Mannschaft versteht den Trainer. Unbekümmertheit. Spiele gewinnen ohne den Grund zu wissen warum überhaupt. Menschen nennen das Psychologie. Das Wiederentdecken der eigenen Stärke. Apropos entdecken. Wiederentdecken. Während…

vs. Leverkusen LII #8

Veröffentlicht in 21. Oktober 2014

Man nehme Kreide. Grüne rechteckige Packung mit weißer Beschriftung. Rechteckige Felder auf den Boden malen und los gehts. Eins-eins-eins-beide-eins-beide-drehen-beide. So in etwa sind wir durch die Straßen gehüpft. Spielstraßen gab es noch nicht. Waren nicht notwendig. Man ging zu Fuß. Und immer wenn ich heute ein Feld sehe, was selten genug ist, hüpfe ich oder es juckt zumindest zu hüpfen. Das war unser Himmel und unsere Hölle in jungen Jahren. Und diese beiden bedeutungsvollen Worte gingen leicht über die Lippen. Wieviel Hölle und wieviel Himmel das Ballspiel auf dem rechteckigen Grün mit weißen Linien an den Tag brachte – ich kann es nur vermuten. Für den Journalisten genug. Vermutlich zum verrückt werden. Spaß wird es nicht immer allen gemacht haben. Fan-Michael jedenfalls sah nur…

Gott. Lob. Dank.

Veröffentlicht in 19. Oktober 2014

Ich will euch eine Geschichte erzählen von drei Männern die sich auf den Weg machen. Auf einen Weg. Wissend was kommt. Eine Herausforderung. Wie ein Berg. Der Mount Everest des kleinen Mannes, wie Herbert Steffny es blumig beschreibt. Doch irgendwie unwissend wie. Die Basics. Die Zutaten. Die Erfolg bringen sollen. Erfolg. Frei definierbar, was damit gemeint ist. Der Optimismus. Vielleicht die Grundvoraussetzung. Die Willenskraft. Nicht klein bei zu geben. Nicht in Selbstmitleid zu verfallen. Die Meilensteine. Im Kleinen denken. Auf das Große hinarbeiten. Schritt für Schritt. Das Üben. Die Beine. Die Puste. Den Kopf. Gerne vergessen – die Seele. Es muss alles mit. Es muss alles passen. Eingepackt sein. Das Anpacken. Das Zutrauen. Das sich-auf-den-Weg-machen. »Zu wissen dass ich es drauf habe. Aber es…

Durchgeknallt

Veröffentlicht in 17. Oktober 2014

»Wenn Jesus auf dem elektrischen Stuhl gestorben wäre, würden wir uns dann einen elektrischen Stuhl um den Hals binden?« Einer dieser Sätze mit denen Xavier Naidoo dieser Tage aufmerkt. Sich mit dem Haufen von Reichsbürgern und wem weiss ich noch alles trifft. Oder will. In bester Jesus-Nachfolge. Meint er. Das kundtut. Dem Gehör geschenkt wird. OK. Es wurde den Christenmenschen angedeutet, dass Jesus irgendwann wiederkommen wird. Und es ranken sich Theorien dass… alles Theorien. Lassen wir das. Jesus kommt so unerwartet »wie in der Nacht der Dieb« und »zu einem Zeitpunkt, an dem ihr nicht damit rechnet.« Aber ob uns Gott ausgerechnet den Xavier antut? Xavier Naidoo hat sich vor Jahren schon mal – habe es im TV gesehen – als eine Art Messias ausgegeben.…

Lampugnano

Veröffentlicht in 10. Oktober 2014

Warten. Mailand. Busbahnhof Lampugnano.
Warten auf den Fernbus. Warten auf Freunde. Mitternacht. Menschenleer. Zeit zum Lesen. Wilfried de Jong »Ein Mann und sein Rad«. Eine Ode an den Radsport, aber vor allem an das Leben.

Hertha LII #7

Veröffentlicht in 7. Oktober 2014

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Kurios. Herb. Fröhlich soll es zugehen. Eine gute Zeit wollen wir gemeinsam erleben. Für die Meisten, vielleicht kann man sagen für alle ist dieser Fall eingetreten. Einige ungehörte, leise Bruddler gibt es immer (?). Angeblich gerne in der schwäbischen Landschaft (!).
Ein Bergsprint-Radrennen über 202 Meter. 14 Prozent Steigung. Kopfsteinpflaster. Jeder gegen Jeden. Und doch gemeinsam. Dieser Spagat glückt. Die Menschen lassen sich darauf ein. Am Gassenrand mit Begeisterung. Auf der Rennstrecke mit Schweiß und Begeisterung. Ein Lächeln. Tausendfaches Lächeln. Dazu scheint die Sonne. Traumwetter.
Vergessen wir nicht die Kreativität. Geprobt. Genäht. Getragen. Kostüme. Verkleidungen. Die einfach Freude machen. Den damit Gesehenen. Und den Erstaunten. Wie verrückt.
Vergessen wir nicht die Räder. Geschraubt. Geputzt. Gefahren. Alter Bock und Carbon-Maschine. Alleine oder zu Zweit. Achtzehn oder Eingang. Mühevoll auf den Punkt zusammengeschweisst oder vielfach rennerprobt. So bunt wie alles an diesem Tag.
Vergessen wir nicht das Ankommen. Einfach. Irgendwie den Berg bezwingen. Die »Kurve der Erkenntnis« ob der Steilheit. »Smokers End« wenn es flacher wird und kurioserweise das Herbe erst beginnt. Die Muskulatur sagt »Good Bye«. Den voigtsche »Shut Up, Legs!«-Schalter haben die Wenigsten installiert.
Vergessen wir nicht das Siegen. Im Höllentempo gen Torturm-Gipfel. Kräftig ist zu wenig. Die Startnummer 55 hat seine Kettenstrebe verbogen. Der Schnellste einen Platten. Der Sieger liebt das Rennen in all seiner Vielfältigkeit.
Wir nennen es Cobble Hoppel. Jedes Jahr am dritten Oktober.
Achja… nach dem Rennen haben die Weiss-Roten das Ihrige vergeigt. Hat heute nicht wirklich interessiert.

Foto: Bernd Häußermann | Passende Musik: Ray Collins‘ Hot Club – Barefoot